Karpas – Ein besonderer Zipfel Land im Mittelmeer

Vor Eseleien auf der Karpas-Halbinsel sei gewarnt

Die Karpas-Halbinsel im Nordosten von Zypern wird oft als eines der letzten naturbelassenen Gebiete im Mittelmeerraum bezeichnet. Tatsächlich ist dieser Teil Zyperns bisher von den 0815-Ferienanlagen, die sich auch schon mal selbstbewusst „Betonparke“ nennen, weitgehend verschont geblieben. Stattdessen setzt man auf die Förderung kleiner familiengeführter Unterkünfte. An manchen Stellen funktioniert der alternative Tourismus schon.

Gästehausbetreiber Yusuf demonstriert seinen Steinbackofen    Hinter dem Haus hat Yusuf Gerste angebaut. „Vielleicht schaffe ich es, das Feld dieses Jahr zertifizieren zu lassen“, erzählt er, „es wäre dann der zweite von der Bio-Akkreditierung ausgezeichnete Betrieb. Vorausgesetzt, mir vertrocknet nicht alles“, fügt er hinzu. Der Wasserhaushalt auf der Karpas-Halbinsel bereitet ihm Sorgen. Was gemeinhin als angenehm empfunden wird – die für Zypern typischen milden Wintermonate – kann schnell zur Crux werden, wenn der Regen fast komplett ausbleibt. Auf den Bananengarten hat er deshalb gleich verzichtet. Stattdessen hat er vier kleine Bungalows und ein Restaurant aufgebaut mit einem zinsgünstigen Kredit, den die Bezirksverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Die Teilnehmer an diesem Investitionsförderungsprogramm werden automatisch Mitglieder der Karpaz Ecotourism Association, deren Vorsitzender Yusuf ist. Gerade die Karpas-Halbinsel ist eine Schatzkammer der Natur. Er weiß wohl, dass Arbeitsplätze hier auf der Peninsula knapp sind, aber er macht sich Sorgen, dass man dem vermeintlichen Fortschritt zu unbedacht den Weg bereitet. „Es ist ein kleines Land und es ist sinnvoll, die wenige Fläche geplant für diverse Aktivitäten zu erschließen“, erläutert er. „Wenn die Baubehörde Genehmigungen für Bauten ausgibt, ohne ästhetische Aspekte zu berücksichtigen, dann beeinflusst das das harmonische Erscheinungsbild der traditionellen Dörfer.“ Auf dem Karpas gibt es sie noch, die WildeselAber die Lobby derer, die ähnlich denken, ist schwach. Es soll aufwärts gehen, weg vom Gestern der Landwirtschaft, hinten im Hof, hinterm Haus. Allenthalben werden Grundstücke angeboten; Zypern ist attraktiv, nicht nur für die Pensionisten aus Großbritannien, auch für die Bessergestellten aus der Türkei und aus Russland. Diese zieht es eher in die Bummelpassagen der Städte, wo Rollkoffer zu Schnäppchenpreisen mit billig erstandenen Alkoholika und Kleidung namhafter Hersteller – oder deren Generika – darauf warten, vollgestopft zu werden. Die wenigen alternativen Tourismusangebote wirken wie Misteln auf den mächtigen Stämmen des Massentourismus. Die Kraft, ihre Wirtskörper zu überwuchern, werden sie wohl so schnell nicht aufbringen. Aber sie vermehren sich. 15 Mitglieder hat die Karpas Ökotourismusvereinigung bis dato, alles kleine Familienbetriebe, mit einer Handvoll Bungalows. So wie der von Yusuf, dessen Mutter es sich nicht nehmen lässt, ihren Sohn am Abend in der Küche zu unterstützen. „Dabei hätte sie es längst verdient, sich zur Ruhe zu setzen“, sagt er. „Sie hat im Leben schon genug gearbeitet.“ Man kann schlecht einschätzen, ob er sie aus Respekt vor dem Alter aus der Küche verbannen möchte, oder weil er sich von der mütterlichen Kontrolle über den Kochlöffel emanzipieren will.

Die Wegbereiter des Ökotourismus auf der Karpas-HalbinselSchon bevor die Ökotourismusvereinigung 2007 ins Leben gerufen wurde, hatte sich Ibrahim Cemal dem Thema verschrieben. Nach langen Jahren im Ausland ist er irgendwann wieder in sein Heimatdorf Büyükkonuk zurückgekehrt, gemeinsam mit seiner englischen Frau. „Wir haben uns so unsere Gedanken gemacht, wie man diese ländliche Gegend entwickeln könnte“, erinnert er sich. Sie kamen zu dem Schluss, dass Ökotourismus aus vielerlei Gründen der ideale Entwicklungsmotor für Zypern sei. „Zum einen ist Tourismus die Zukunftsperspektive für Zypern, weil es hier keine andere Art von Triebkraft-Sektor gibt, um die Gegend wirtschaftlich auf nachhaltige Weise zu entwickeln.“ Also müsse man nur alternative Dienstleistungen – und Tourismus ist ja ein Dienstleistungssektor – anbieten, so ihre Überlegung. „Wir haben ein perfektes Klima und an der Schnittstelle dreier Kontinente – Europa, Asien und Afrika – ist unsere Lage auch exzellent. Also haben wir da angesetzt.“ Er hat ein paar Zimmer auf seinem Hof ausgebaut für Gäste und dabei Wert darauf gelegt, möglichst viel von der traditionellen Bauweise zu erhalten. Als die Besucher dann kamen, hat er sie einfach mitgenommen: zum Hühner füttern, zum Gemüse schnippeln, zum gemeinsamen Essen. Und weil ihm die traditionelle Handwerkskunst am In Büyükkonuk kommen handgerollte Makkaroni auf den TischHerzen lag, begann er Kurse anzubieten. „Wir konnten so wieder ein Bewusstsein schaffen für unser lokales Kulturerbe, nicht nur bei den Gästen, sondern auch bei den Einheimischen, die schnell gemerkt haben, dass Althergebrachtes und regionale Spezialitäten nicht unbedingt weniger attraktiv sind als die sogenannten modernen Errungenschaften“, erklärt er mir, während wir in seiner Küche Gemüsesuppe mit selbst gebackenem Brot und frisch zubereiteter Zitronenlimonade verzehren. Diese spontane Gastfreundschaft ist geblieben, auch wenn er selbst keine Zimmer mehr vermietet. Die Gäste schickt er zu einer der anderen Familienunterkünfte, die seinem Beispiel folgend mittlerweile im Dorf eröffnet haben. Auch dort stehen hausgemachter Käse und handgerollte Nudeln auf dem Tisch. Der Funken scheint – wenn auch nicht auf dem ganzen Karpas, so doch zumindest an einigen Stellen – übergesprungen zu sein. Beim jährlichen Ökotourismus-Festival, auf dem sich die Tische mit regionalen Spezialitäten biegen, herrscht regelmäßig Parkplatzmangel.

Infobox:

Alle Mitgliedsbetriebe der Karpas Ökotourismusvereinigung sowie lokale Aktivitäten sind zusammengestellt auf  http://www.karpazekoturizm.com/en/

Flüge nach Nordzypern bietet Turkish Airlines via Istanbul http://www.turkishairlines.com

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