Entlebuch: Nachhaltigkeit, wie sie im Buch steht

Die UNESCO Biosphäre Entlebuch (UBE) in der Schweiz gilt als Erfolgsgeschichte im Sozialverantwortlichen Tourismus. Wie die bildschöne Region westlich von Luzern zur Biosphäre wurde und warum der Fremdenverkehr dort besonders schonend funktioniert haben wir uns vor Ort erklären lassen.

Das Biotop Wissenegg in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch in der SchweizSchuld ist das Moor. Denn im Jahr 1987 stimmte die Schweizer Bevölkerung mehrheitlich einer Initiative zum Schutz der Schweizer Moore zu. Da gut ein Viertel der insgesamt 394 km2 umfassenden Region Entlebuch von Moorlandschaften durchzogen ist, sah sich die Bevölkerung durch diese Abstimmung richtiggehend herausgefordert. Es war an der Zeit, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, denn die neuen Naturschutzbestimmungen würden die regionale wirtschaftliche Entwicklung eindeutig beeinflussen. Im Herbst 2000 machten die Entlebucher kurz entschlossen die Not zur Tugend. Statt sich aus dem zu schützenden Raum zurückzuziehen, stimmten die betroffenen Gemeinden nach einem beispielhaft kurzen Vorbereitungsprozess mit 94% Mehrheit der Errichtung eines Biospärenreservates zu. Schließlich, im September 2001, wurden die acht Gemeinden Doppleschwand, Entlebuch, Escholzmatt, Flühli-Sörenberg, Hasle, Marbach, Romoos und Schlüpfheim von der UNESCO als erstes Biosphärenreservat der Schweiz anerkannt. „Schützen durch Nutzen, und dies gemeinsam  mit der lokalen Bevölkerung,“ erklärt Maurus Stöckli von der UBE das Credo des einzigartigen Kooperationsmodells, das auf Partizipation und Kommunikation beruht und sich nun immerhin schon seit Jahren bewährt.

Der Wilde Westen von Luzern

Alpabtrieb in der UNESCO-Biosphäre Entlebuch in der SchweizHeute ist Entlebuch, das sich scherzhaft auch „Das größte Buch der Welt“ nennt, kein klassisches Tourismusziel und schon gar kein steifer Museumsbetrieb, sondern hat sich zu einem Vorbild für die nachhaltige Bewirtschaftung einer schützenswerten Naturlandschaft entwickelt. Ein harmonischer Dialog von modernem Leben und unberührter Natur, sowie ein offener, fairer Umgang mit der Umwelt, den Gästen und miteinander prägen das Leben und Urlauben im „Wilden Westen von Luzern“.  In den kleinen, lebendigen Gemeinden, die mit ihrem reichen kulturellen Hintergrund ein buntes touristisches Angebot aufweisen können, findet jeder auf Wunsch die Gemeinschaft oder Einsamkeit, die er sucht. Durch die gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist das Entlebuch binnen einer knappen Stunde von Luzern oder Bern aus zu erreichen. Abgesehen von der spannenden Flora und Fauna locken Kneippanlage und Moorbad, Moorlandschafts- oder Geomorphologiepfad, satellitengesteuerte Wandertouren, geführte Exkursionen oder sogar Lama-Trekking, Mountain Biking und Golfen. Müßiger geht es beim Goldwaschen, Köhlern, bei einem Besuch in einer Käserei oder bei einem Schindelmacher zu.

Innovation als Programm

Mit dem E-Bike durch die UNESCO-Biosphäre Entlebuch in der SchweizInnovative Aktionen sind in Entlebuch Programm: So gibt es z.B. im Sommer und Herbst Aktionen wie „Umsteigen bitte“, die jene Besucher, die sich bereit erklären ihren Autoschlüssel abzugeben, mit einem Biosphärenpass belohnt. Dieser ermöglicht die kostenlose und unlimitierte Benützung von Bergbahnen, Postautos und Bahn sowie den Besuch des Hallenbades. Damit sollen die Auto-affinen Besucher dazu gebracht werden, ihr Gefährt mindestens sechs Tage lang stehen zu lassen und dafür viele Vergünstigungen in der Region zu genießen. Erfrischend ist auch das RailAway-Angebot, das günstige Bahnanreise mit der Benutzung von Elektrorädern verbindet. Nach der Übernahme der E-Bikes in Entlebuch stehen den Besuchern sechs beschilderte Routen zur Verfügung, auf denen man die Voralpenregion mühe- und CO2-los erkunden kann. Zudem bietet die Biosphärenschule Schulreisen und Projektwochen für Kinder und Jugendliche, die auf diese Weise für eine nachhaltige Entwicklung sensibilisiert werden sollen. Das umfassende Angebot an Exkursionen wird ständig weiter ausgebaut und adaptiert und umfasst interessante und abenteuerliche Erlebnisse wie „Steinadler & Co“, „Karst & Höhlen“ oder etwa „Das Geheimnis der Bärgmandli“. Als wahrer Publikumserfolg erweist sich seit Jahren der Almabtrieb Ende September, ein Stück vergessener Tradition, das von den Tourismusorganisationen Schlüpfheim und Flühli-Sörenberg liebevoll wiederbelebt wurde. „220 Kühe laufen vorbei und 6.000 Leute schauen zu“ fasst Maurus Stöckli das bei Einheimischen und Besuchern gleichermaßen beliebte  Großereignis kurz.


Mensch & Biosphäre
Biosphärenreservate sind Teil des UNESCO-Programms Mensch und Biosphäre, dessen Ziel die Entwicklung von Strategien zur nachhaltigen Nutzung der Lebensräume und die Erhaltung der natürlichen Vielfalt ist. Derzeit gibt es 553 Biosphärenreservate in 107 Ländern, darunter die Galapagos-Inseln in Ecuador, die Serengeti in Tansania und die Camargue in Frankreich. Biosphärenreservate sollen Modellregionen für eine nachhaltige Entwicklung sein. Die angestrebte Nachhaltigkeit ist eine Aufgabe für mehrere Generationen – umso wichtiger ist dabei der Einbezug von Kindern und Jugendlichen.


How TO DO!
Die UNESCO Biosphäre Entlebuch ist das erste Biosphärenreservat nach Sevilla Strategie und der erste regionale Naturpark der Schweiz. Das Partizipationsmodell der UBE basiert auf 600 Mitgliedsbetrieben. 40 Gemeindevertreter aus acht Gemeinden wählen den Vorstand, in dem aus jeder Gemeinde eine Person vertreten ist. Der Vorstand setzt das Management ein. Zusätzlich wird die rund 17.000-köpfige Bevölkerung mittels eigener  Koordinationsforen zu Themen wie Mobilität, Holz, Energie, Tourismus, Landwirtschaft etc. kontinuierlich in die Entscheidungsfindung eingebunden. Unter den Mitgliedern wird jährlich ein Biospärenpreis vergeben, der aus den Mitgliedsbeiträgen bezahlt wird. Weitere Infos zur UNESCO Biosphäre Entlebuch gibt es unter: www.biosphaere.ch


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