Ureinwohner können eine Vielzahl an Attraktionen außerhalb des normalen Tourismusspektrums bieten. Dennoch ist Indigener Tourismus kein Produkt sondern viel mehr ein Prozess im Sinne von Inklusion und Fairness, dessen Entwicklung umfassendes Know-how und großes Fingerspitzengefühl erfordert.
Schätzungen zufolge leben heute bis zu 370 Millionen Indigene, verteilt auf rund 70 Länder, zwischen der Arktis und dem Südpazifik. Der Definition nach sind sie die Nachfahren jener Menschen, die ein Land oder eine Region zu einer Zeit bewohnten, als andere Völker einwanderten und denen es gelungen ist, ihre soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Struktur ganz oder teilweise zu erhalten.
In den letzten Jahren haben viele Gemeinschaften, Familien und einzelne Indigene den Tourismus als probates Instrument im Kampf gegen Landenteignungen, Armut und Assimilationsdruck, aber auch als potenzielle zusätzliche Einkommensquelle für sich entdeckt. Die Rollen, die ihnen die Mehrheitsbevölkerung im Tourismus bislang zugeschoben haben, wollen sie dabei längst nicht mehr einnehmen.
Selbstbestimmte Programme
„Will man einen Samen ärgern, nennt man ihn einen Lappen und fotografiert ihn mit Rudi, dem Rentier“, überzeichnet Lennart Pittja von der Tourismusvereinigung der Samen in Schweden Visit Sapmí die Problematik. Die aufgezwungenen Klischees der Marke „Einheimische in ihren traditionellen Gewändern“ ärgern viele Vertreter von Urvölkern auf allen Kontinenten, die zunehmend selbstbewusster auftreten und viel lieber eine Form von Tourismus gestalten, die ihre alten Kulturen und Traditionen, aber auch ihre gegenwärtige Lebensweise auf eine authentische und respektvolle Weise erlebbar macht. „Tourismus ist ein wichtiger Impuls für die Erneuerung, den Schutz und die Förderung von indigener Kultur. Gleichzeitig kann er sie zerstören, wenn die Entwicklung in die falsche Richtung läuft“, gibt Ben Sherman vom Stamm der Oglala Lakota aus Süddakota zu bedenken. Er leitet die World Indigenous Tourism Alliance (WINTA), die sich im Jahr 2012 formiert hat um die weltweite und nachhaltige Entwicklung von Indigenem Tourismus voranzutreiben.
Wege zum Erfolg
Indigener Tourismus kann erfolgreich sein, wenn die jeweiligen Regierungsstellen, die Tourismusindustrie und die involvierten Nichtregierungsorganisationen ihn entsprechend unterstützen. Dazu gehört nicht zuletzt die Einhaltung der Rechte der indigenen Völker, die von den Vereinten Nationen im Rahmen einer Erklärung verbrieft sind. „Ohne die ständigen Menschenrechtsverletzungen zu beenden, wird eine Versöhnung mit den indigenen Völkern nirgendwo gelingen. Das hemmt die erfolgreiche Entwicklung dieses wichtigen Tourismussegments“, ist Sherman sicher.
Wissen, Weisheit und Werte
Partnerschaften zwischen den im Tourismus tätigen Indigenen spielen eine ebenso große Rolle wie tiefer Respekt für die Werte und die Weisheit der verschiedenen Urvölker. „Reisende aus aller Welt sind eingeladen, die Gemeinschaften der Indigenen zu besuchen und Geschichte, Kultur und die landschaftliche Schönheit mit ihnen zu teilen“, meint Sherman, „darüber hinaus kann das reiche Wissen der Urvölker über die Natur und ihr respektvoller Umgang mit unseren Ressourcen einen wichtigen Anstoß zu einem Umdenkprozess geben!“ Falcon Migwans, der Medizinmann der Ojibwe am Huronsee im kanadischen Ontario bringt auf einen Nenner, was viele in Zeiten des Klimawandels beschäftigt: „Wir Menschen brauchen die Natur mit all ihren Pflanzen, Tieren, Erde, Steinen und Wasser – sie braucht uns nicht. Es wird Zeit zu lernen, mit der Mutter Erde zu leben und nicht auf ihr.“