Der Nachteil gut sortierter Buchhandlungen: Die Ratgeber-Literatur für meine nächste Städtereise füllt ein halbes Regalbrett, wohlgemerkt ohne die Hochglanz-Reisemagazine, geschweige denn die Not-to-miss-Tipps in den Reiseteilen der Zeitung. Aus diesem Hügel von Informationen wird ein anschaulicher Berg, wenn man auch noch die Themen-Blogs und Webseiten zum perfekten Urlaub dazuzählt. An Tipps mangelt es also nicht, vielmehr an Zeit, diese zu überblicken. Wenn man nur jemanden vor Ort hätte, dem man erzählen kann, was genau man eigentlich sehen und erleben will. Das gibt es tatsächlich!
Ein Freund auf der anderen Seite
Was heute das Firmenmotto des Anbieters von persönlichen Reiseinformationen ist, war anfangs nicht mehr als schriftlich fixiertes Wunschdenken einer jungen englischen Weltenbummlerin. „Ich liebte es, wenn ich irgendwo jemanden kennen lernte und der mir sagte: ‚Das wird dir gefallen!’“, erzählt Sally Broom. „Weil es fast ausnahmslos stimmte.“ Internetcafés waren damals sogar auf abgelegenen Inseln im Südchinesischen Meer ein üblicher Anblick und Englisch die Lingua franca der Backpacker-Szene. Sally zählte eins und eins zusammen und begründete mit der Internetplattform „YSP-Your Safe Planet“ eine digitale weltweite Freunderlwirtschaft. Den ehemals kostenfreien Gefälligkeitsdienst wandelte sie vor drei Jahren in eine Firma um. „Wir wollten sicherstellen, dass das System zuverlässig funktioniert und Anreize für unsere Freunde schaffen, ihr Wissen und ihre Kreativität dauerhaft einzubringen. Die Umwandlung von YSP zu Tripbod.com war ein Schritt nach vorne. Für unsere lokalen Experten war die Möglichkeit, mit ihrem Wissen ein wenig Geld zu verdienen, sehr interessant.“, erinnert sich Sally. Der Erfolg gibt ihr recht: rund 200 „Mitarbeiter“ auf allen Erdteilen hat Tripbod mittlerweile als qualifizierte Experten in den Berater-Pool aufgenommen. Rund 150 weitere durchlaufen derzeit das Bewerbungs-Prozedere. „Wir legen großen Wert auf eine gute Auswahl“, sagt Sally, „und freuen uns über jede neue Bewerbung. Schließlich kann es nie soviele Tripbods geben, wie es interessantes lokales Wissen über die vielen Reiseziele dieser Welt gibt.“
Wer sind die Tripbods
Reich werden die Tripbods nicht mit ihren Diensten. Und das ist auch gar nicht der Anspruch – im Gegenteil. „Ich arbeite als Software-Entwickler in Granada“, stellt sich Markus vor. Seit fünf Jahren lebt der gebürtige Deutsche in Andalusien. Seine bevorzugte Freizeitbeschäftigung: Mit dem Mountainbike die Sierra Nevada erkunden. Dort kennt er sich jetzt so gut aus, dass er gerne Tipps an andere weitergibt. Die Anzahl der Anfragen von Rad-Freaks mit Reiseziel Andalusien halten sich noch in Grenzen. „Aber ich freue mich über jeden, mit dem ich mein Hobby teilen kann“, lächelt der 32-jährige, schwingt sich auf sein Rad und düst davon. Kuldips Spezialität ist weit weniger Adrenalin geladen. Er bietet Yoga-Stunden bei Sonnenuntergang in der Wüste im indischen Bundesstaat Gujarat an. Weniger um den Seelenfrieden als um das körperliche Wohlbefinden geht es in Kairo, wo Eric einen Kochkurs organisiert. In kleiner Runde werden gemeinsam unter fachkundiger Anleitung eines Chefkochs lokale Gerichte zubereitet – und dann auch gemeinsam verzehrt. Wer nicht selbst Hand an den Kochlöffel anlegen will, freut sich über Liz Angebot, die vielfältige vegane Küche Londons zu entdecken. Stöbern in den Archiven des Vatikan, rollstuhlgerechte Rundgänge in Yorkshire, mit dem Einbaum durch die Sümpfe Estland…
Vom Geheimtipp zum selbstverständlichen Extra
„Immer mehr Menschen begreifen, welche Möglichkeiten Tripbods ihnen bieten. Früher galt:
Je entfernter das Reiseziel und je weniger die verfügbaren Informationen, desto eher lässt man sich von einem Tripbod beraten“, analysiert Sally das Nutzerverhalten während der letzten Jahre. Heute sei es vielmehr eine Spezialisierung und die Suche nach dem Außergewöhnlichen, das die Kunden zu Tripbod.com führen: Was spielen die Off-Theater in Berlin, wohin gehen die Brasilianer nach dem Straßenumzug den Karneval feiern, wie verbringen die Christen in Damaskus den Heiligen Abend? Die Beispiele für Extra-Tipps sind Legion. Und nicht nur Privatpersonen nutzen den Service, auch Reisebüros und Reiseveranstalter haben begriffen, dass das gewisse Extra im Reiseprogramm nur ein paar Mausklicks entfernt ist. Für tagesaktuelle und auf persönliche Interessen zugeschnittene Tipps und Reise-Ideen verweist das englische Fremdenverkehrsamt ebenso auf die Tripbods wie der renommierte Reisebuch-Verlag Rough Guides. „Heutzutage erwarten es Kunden, dass ihre Informationen auf dem allerneuesten Stand sind, und ich glaube, dass Tripbod die umfassendste Antwort hierzu ist: eine Schnittstelle zu einem begeisterten lokalen Experten, der dir berichtet, was vor Ort gerade in ist und was nicht. Die perfekte Ergänzung zu einem ordentlichen Reiseführer“, erklärt Martin Dunford, Mitbegründer des Reisebuchverlages die Kooperation. „Und das Schönste ist, dass wir durch den direkten Kontakt zu den Einheimischen den Besuchern die Möglichkeit bieten, ihr Geld auch wirklich lokal auszugeben“, ergänzt Sally.
Update 2018: Tripbod wurde mittlerweile von Tripadvisor übernommen und in den Konzern integriert.