Kumbh Mela Simhastha – Die Reise zum größten Fest der Welt

Der folgende Text ist aus Blogbeiträgen zusammengestellt, die während der Reise entstanden sind.

Reisen bildet

Schulfreistellung Tam

Das Packen beginnt - Travel preparations

Gestern kam endlich das OK von der Schule. Yesss!! Jetzt kann’s richtig losgehen. Wir fahren nach Indien zur Kumbh Mela. Das Lesen hat sich also gelohnt. Ein paar Millionen Leute kommen da hin, so steht’s in der Broschüre drin, die Papa von der Reisemesse mitgebracht hat. Auf den Fotos sieht das alles ziemlich komisch aus. Viele nackige Männer mit langen Bärten und Haaren, die in einem Fluss baden. Eintauchen in die Ewigkeit, steht auf dem Heft. Na dann wollen wir mal sehen, wie das funktioniert. Ich bin gespannt. Die Simhastha, so wird das Fest auch genannt, fängt heute schon an. Am Dienstag geht unser Flieger.

Viele Grüße
Tamuna


Die Kumbh Mela

Tamuna beim Bad im Fluss Kshipra in UjjainEs macht wahrscheinlich Sinn, wenn ich kurz erkläre, warum die Menschen überhaupt im Fluss baden. Das hat mit der Religion zu tun. Die Hindus glauben, dass an vier Stellen in Indien heiliger Nektar auf den Boden gefallen ist. Und je nachdem wie die Sterne stehen, haben diese Orte eine besondere Kraft. Wenn man dann dort badet, kann man all seine Sünden abwäschen. Wenn man dann keine Sünden mehr hat, muss man auch nicht mehr wiedergeboren werden. Deswegen steht auf den Postern für die Simhasth-Kumbh-Mela in Ujjain auch drauf: Eintauchen in die Ewigkeit. Und deswegen kommen auch ganz viele Leute an diese Orte. In einer Zeitung hat gestanden, dass man in Ujjain dieses Jahr 60 Millionen Pilger erwartet. Weil’s gerade so heiß ist in Indien, hat das Bad im Fluss natürlich noch einen Sinn: Es ist eine hervorragende Abkühlung.Die Broschüre für die Simhasth Kumbh Mela in Ujjain zeigt viele mit Asche beschmierte Sadhus auf dem Weg zum heiligen Bad


Eine beschwerliche Anreise

Tamuna beim Schlafen im Flugzeug, das leer genug war für einen Dreiersitz als BettIch war gestern nach der Schule noch in meiner Tischtennis-AG, ganz gemütlich bis nachmittags um vier. Zuhause dann, meine Mutter total im Stress. Papa ist rumgehüpft wie ein Känguru. Um 16:30 Uhr sind wir endlich los zum Bahnhof. Mit dem Zug sind wir über Mannheim zum Flughafen in Frankfurt gezuckelt. Dort haben wir uns nach dem Koffer abgeben die Zeit mit Essen vertrieben. Dann mussten wir zur Sicherheitskontrolle. Alles Metallische ausziehen – meine Zahnspange durfte ich natürlich drin lassen – danach Hände hoch in einer Kabine,irgendwie wie beim Röntgen. Und um ganz sicher zu gehen, dass ich keinen Sprengstoff bei mir habe, wurde ich hinterher auch noch von einer Frau abgetastet. Als wir dann endlich im Flieger waren, war ich so müde, dass ich das Abendessen verschlafen habe. Fürs Frühstück wurde ich dann nochmal geweckt. Da war’s schon hell draußen. Auf meiner Uhr war’s aber erst 3:30 Uhr, mitten in der Nacht. Diese Zeitverschiebung hat mich dann den ganzen Tag fertiggemacht. In Delhi am Flughafen hatte ich keine Lust auf Frühstück, und die Zeit bis zum Weiterflug wollte gar nicht rumgehen. Im Flieger nach Indore habe ich dann die ganze Zeit gepennt, das waren aber nur anderthalb Stunden. Am Flughafen hat uns ein Mann mit dem Auto abgeholt, um uns nach Ujjain zu fahren. Der Schlaumeier hat uns dann zwei Stunden durch die Stadt gefahren, zigmal angehalten und telefoniert und Polizisten gefragt, bis wir endlich das Camp gefunden haben.

Tamuna müde am Flughafen

Ein Fahrer holt uns am Flughafen ab


Unser Luxus-Camp

Unser Luxuscamp am Gau-Ghat in UjjainDas Camp ist wie ein Zeltlager, nur mit richtig großen Zelten mit Fußboden, echten Betten, Toilette, Waschbecken und Dusche. Und das Beste: Im Zelt war es schön kühl, weil’s auch eine Klimaanlage gibt. Papa sagt, unser Camp ist ein Volltreffer, weil es direkt am Fluss liegt, genau gegenüber von einer Badestelle. Dort kommt man hin über eine schwimmende Brücke, die extra für das Fest aufgebaut worden ist. Überall sitzen Polizisten rum und ein Mann hat uns Tee, Kekse und einen salzigen Joghurtdrink gebracht. In unserem LuxuszeltUnser Abendessen wurde in einem richtig großen Zelt serviert. Wir durften uns einen Tisch aussuchen, verrückt war nämlich, dass wir anscheinend die ersten und einzigen Gäste im Camp sind. Zu Essen gab es Chapati, Tomaten, Gurken, Reis und Dhal, Blumenkohl mit anderem Gemüse gemischt und als Nachtisch irgendwelche supersüßen Kugeln. Jetzt ist es gleich 21 Uhr und für heute bin ich total im Eimer. Ab ins Bett. Gute Nacht.Selfie im Luxuscamp


Tarnkleidung und Selfies

Ob auf der Straße, ob im Tempel: Können wir ein Selfie mit euch machen? lautet die FrageHeute war Girl’s Day. Wer hätte mit so einer Hitze gerechnet. In kurzen Hosen rumlaufen ist nicht so schlau, hat mir Papa erklärt. Es guckt mich eh schon jeder blöd an, wenn ich in der Stadt rumlaufe. Und voll krass: wir wurden schon ein paar Mal gefragt, ob wir ein Selfie machen können mit wildfremden Leuten. So, als ob ich berühmt wär, wie Dagi Bee. Also waren wir Tarnkleider kaufen. Ein Punjabi-Dress aus einem dünnen Baumwollstoff und ein paar Sandalen. Und natürlich noch allerhand andere Sachen. Aber genutzt hat es nicht viel, kaum aus dem dem Geschäft raus haben mich gleich wieder drei Jungs nach einem Selfie gefragt. Jetzt sitzen wir gut versteckt in einer Seitengasse unter dem Ventilator und trinken Tee. Von oben kommt kühle Luft, dafür verbrennt man sich an dem Tee die Zunge. Aber wenigstens starren mich hier nur eine Handvoll Leute an.Tamuna beim Shoppen


Morgens am Ghat

An den Ghats, den Badestellen, nehmen die Menschen ihre rituellen Waschungen vorPapa ist voll gemein. Heute morgen hat er mich um fünf Uhr geweckt. Er wollte noch vor dem Frühstück zu den Badestellen am Fluss gehen. Auf den Straßen war noch nicht viel los, aber man hat überall Gesang gehört. Also sind wir in die Richtung spaziert. Zuerst sind wir durch riesige Zeltstädte gekommen, bis wir irgendwann am Fluss waren. Dort war alles voller Menschen. Was komisch war: Die Männer waren in Unterhosen am Baden, aber die Frauen in voller Montur. Keine Ahnung, ob das in der Hindu-Religion so sein muss. Vielleicht wollen sie ja auch einfach nicht, dass sie jemand nackig sieht.


Die Sadhus

Ein Sadhu meditiert am Morgen vor der Feuerstelle in seinem ZeltAn den Straßenrändern neben den Zeltstädten sitzen manchmal Gruppen von Männern, die sind ganz nackt und weiß angemalt. Die haben ihre eigenen kleinen Tempel aufgebaut und verbrennen dort Holz und getrocknete Kuhfladen. Es gibt auch Gruppen, die haben orangene Kleider und Turbane an. Zwei Männer hab ich entdeckt, die hatten eine Schürze aus nachgemachten Tigerfell umgebunden. Papa hat mir erklärt, dass das alles Sadhus sind, sowas wie heilige Männer oder Mönche. Die sehen manchmal gruselig aus, aber sind eigentlich ganz freundlich. Ein paar haben sogar Fotos mit mir machen wollen und andere haben mich mit Pfauenfedern auf den Kopf geklopft. Das bringt wohl Glück.
Der freundliche Sadhu wollte ein Selfie mit mir machen
Das passiert auch nicht alle Tage: Ein nackter Mönch haut den Leuten mit einer Pfauenfeder auf den Kopf


Im Tempel

Tamuna beim Tempelbesuch

Zuerst war das ein komischer Gedanke, als Papa gesagt hat, wir gehen einen Tempel. Man muss schon vor dem Tor die Schuhe ausziehen, weil man nur barfuß reindarf. Drinnen gibt es dann kleine Häuschen, wo die Götterbilder drin sind. Bevor man dort reingeht, läutet man eine Glocke, die von der Decke hängt. So haben das die anderen gemacht, also hab ich das auch so gemacht. Dann sitzen da Männer auf dem Boden neben den Götterbildern und denen geben die Leute dann Geld oder Blumen oder so kleine weiße Kügelchen. Das sind anscheinend Opfergaben. Außerdem verbeugen sich die meisten vor den Statuen. Vor dem Tempel hat mir ein Mann mit einer orangenen Paste ein Zeichen auf die Stirn gemacht. Und natürlich musste ich wieder ein paar Selfies mit Leuten machen.Ein Priester malt Tamuna ein Glückssymbol auf die Stirn


Prasad – Götterspeise

Die Auslage von einem Stand mit Mitbringseln für den TempelDie meisten Leute, die in den Tempel gehen, kaufen vorher irgendwelche Sachen, die sie dann den Göttern mitbringen oder fürs Beten brauchen. Vor den Tempeln gibt es dafür extra Geschäfte oder es stehen Händler auf der Straße. Verkauft werden Blumen, Zuckerkügelchen, Puffreis, Cashewkerne und Kokosnüsse, kleine Töpfe aus Edelstahl, Kupfer oder nachgebaut aus Plastik. Das nehmen die Leute dann mit in den Tempel und geben es dort den Männern, die die Götter bedienen. Die legen es entweder vor die Statuen oder geben es den Leuten wieder als heiliges Souvenir. An einem Tempel haben sie auch Milch verkauft, die wird dann drinnen über einen großen Stein geschüttet. Die heiligen Süßigkeiten isst man dann nach dem Besuch bei dem Götterbild. Ein Mann im Tempel hat mir die Zuckerkugeln in die Hand gelegt, damit ich die essen soll. Danach hat er mir auch von der Milch in die Hand geschüttet, die vorher über den Stein gelaufen war.Frauen schütten Flusswasser über einen Lingam, ein Symbol von Gott Shiva


Viele Götter

Ein Selfie mit ganz vielen GötternHier gibt es so viele Götter, dass man erstmal gar nix mehr versteht. Einfach ist es mit Ganesha, der hat einen Elefantenkopf und man findet ihn in jedem Tempel. Ein anderer sieht aus wie ein Affe, das ist Hanuman. Hier in Ujjain dreht sich während der Kumbh Mela fast alles um Shiva. Das ist der Papa von Ganesha und man erkennt ihn an seinem Dreizack und einem Auge, das auf die Stirn gemalt ist. Die Mama von Ganesha heißt Parwati, die aber aber schwer zu erkennen.Außer natürlich, wenn sie den Elefantengott auf dem Schoß hat. Gestern am Ghat haben wir einen kleinen Jungen gesehen, den hatte seine Mama als Gott Krishna verkleidet. Das Kind war am ganzen Körper und sogar im Gesicht komplett blau angemalt. Das sah aus wie ein Faschingskostüm.
Da war doch tasächlich ein kleiner Junge als Gott Krishna verkleidet


Heilige Kühe

Überall in Indien laufen Kühe auf der Strasse rumGestern haben wir was Lustiges gesehen. Da hat eine Kuh aus einem Geschäft einen Beutel mit Zuckerkugeln geklaut. Der Ladenbesitzer hat die dann so lange gejagt, bis sie ihn wieder ausgespuckt hat. Kühe laufen hier wirklich überall rum. Manchmal liegen sie nur faul in der Sonne, manchmal stehen sie am Straßenrand und fressen Müll, sogar Plastiktüten. Ein paar Mal hab ich welche gesehen, die sind mitten im Verkehr zwischen den Autos rummarschiert. Als Fußgänger muss man höllisch aufpassen, dass einen niemand über den Haufen fährt, aber für die Kühe bremst irgendwie jeder. Warum die heilig sind, weiß ich auch nicht. Aber in den Tempeln sind oft Bilder und Statuen von Kühen. Wahrscheinlich hat das damit zu tun. Dort auf dem Plakat wird ein heilige Kuh erklärt


Rückblick auf eine spannende Reise

Mein Plakat zum Thema Hinduismus für meinen EthikunterrichtAm vergangen Samstag war der letze Badetag, die Kumbh-Mela ist vorbei. Für meinen persönlichen Abschluss vom größten Fest der Welt habe ich gestern in meiner Schule einen Vortrag über Hinduismus gehalten. So war das mit meinem Ethiklehrer abgemacht, bevor wir nach Indien geflogen sind. Schon vor der Reise hatte ich ein Plakat gemacht. Ich hab im Internet nachgelesen, um was es im Hinduismus geht, und mir dann Überschriften ausgedacht und viele Bilder ausgedruckt. So konnte ich beim Vortrag gut erklären, auch für Leute, die sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt haben. Also die meisten. Ich hab erzählt, dass die Hindus an Wiedergeburt glauben, welche Götter es gibt, was man im Tempel macht, warum das Fest, auf dem wir waren, Kumbh Mela heisst. Und natürlich musste ich ganz viel darüber erzählen, wie es in Indien so war und einige wollten wissen, was es mit den heiligen Kühen auf sich hat. Damit man sich alles besser vorstellen kann, habe ich indische Kleider, Henna, Räucherstäbchen, Gebetsketten,  Mini-Götterstatuen und auch Bindis mitgebracht. Das sind diese kleinen Aufkleber, die sich die Frauen auf die Stirn kleben. Sehr cool war, dass sich sogar die Jungs die Bindis auf die Stirn geklebt haben. Als ich erklärt hab, dass die eigentlich nur für Frauen sind, waren alle ganz erstaunt. Indische Mitbringsel, um das Thema Hinduismus meinen Mitschülern besser erklären zu können: Götterstatuen, Bindis, Gebetsketten, Räucherstäbchen, KleidungAber es hat jedem gut gefallen, und nun hat mich mein Lehrer sogar gefragt, ob ich in anderen Religionsklassen nochmal vortragen will.